Verhaltensbedingte Kündigung 

Verhaltensbedingte Kündigung: Wer kann ohne Abmahnung gekündigt werden?

Eine Kündigung ist wahrscheinlich nie schön für den betroffenen Arbeitnehmer. Wenn sie aber auch noch aufgrund des eigenen Verhaltens ausgesprochen wird, kann man sich doppelt ärgern. Doch wann darf man wegen Fehlverhaltens gekündigt werden und gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen trotzdem? Diese und weitere Fragen klären wir in diesem Blogbeitrag.

Was ist eine verhaltensbedingte Kündigung?

Eine verhaltensbedingte Kündigung kann dann vom Arbeitgeber ausgesprochen werden, wenn sich der Angestellte in einem oder mehreren der drei folgenden Bereiche schwerwiegende Fehler geleistet hat:

  • Leistungsbereich

  • Vertrauensbereich

  • Betriebsfrieden

     

In den Leistungsbereich fällt alles, was mit der Arbeitsleistung des Betroffenen zu tun hat. Das kann zum Beispiel Arbeitsverweigerung, regelmäßige Verspätung oder Minderleistung sein. Der Vertrauensbereich umfasst Dinge wie den möglichen Arbeitszeitbetrug, Beleidigungen gegenüber Kollegen oder Betriebsspionage zum Nachteil des Arbeitgebers. Eine Störung des Betriebsfriedens ist erreicht, wenn der Angestellte Kollegen sexuell belästigt, Drogenhandel oder -missbrauch am Arbeitsplatz vollzieht oder gegen die betrieblichen Sicherheitsvorkehrungen verstößt.

Sollte ein Arbeitnehmer sich in einem der Bereiche etwas zu Schulden kommen lassen, kann der Vorgesetzte ihn deswegen verhaltensbedingt kündigen.

Welche Voraussetzungen für eine verhaltensbedingte Kündigung gibt es?

Um einen schwerwiegenden verhaltensbedingten Fehler zum Kündigungsgrund werden zu lassen, gibt es folgende Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen:

  • steuerbares Verhalten

  • Interessenabwägung

  • Prüfung der Verhältnismäßigkeit

  • Anhörung des Betriebsrates

     

Der Kündigungsgrund bei verhaltensbedingten Kündigungen muss vom Arbeitnehmer steuerbar gewesen sein. Er hat sich also willentlich gegen die Vertragsverletzung entschieden und somit die Kündigung riskiert. Deshalb zählt zum Beispiel eine Kündigung wegen Krankheitsausfalls nicht zu verhaltensbedingten Kündigungen, denn Krankheiten sind in der Regel nicht beeinflussbar.

Bei der Interessenabwägung soll der Arbeitgeber entscheiden, ob sein Interesse an der Entlassung des Angestellten gegenüber dessen Weiterbeschäftigung mehr wiegt. Hat der Arbeitnehmer Kinder, ist seit langer Zeit betriebszugehörig und leistet sonst qualitativ gute Arbeit, sind die Gründe für und gegen die Kündigung abzuwägen. Damit wird auch die Verhältnismäßigkeit der Entlassung geprüft. Ist beispielsweise ein milderes Mittel wie eine Abmahnung oder eine Änderungskündigung möglich, kann der Arbeitgeber sich auch erstmal darauf beziehen, statt den Arbeitgeber zu kündigen.

Außerdem muss der Betriebsrat laut § 102 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz) über die Kündigung informiert und vom Arbeitgeber angehört werden. Der Betriebsrat kann sich gegen die Kündigung des Kollegen aussprechen. Sollte der Arbeitgeber den Rat nicht über die bevorstehende Entlassung informieren, ist die Kündigung unwirksam.

Kann die verhaltensbedingte Kündigung ohne Abmahnung ausgesprochen werden?

In der Regel gilt, dass der Arbeitgeber vor dem Aussprechen einer verhaltensbedingten Kündigung bereits aufgrund des Fehlverhaltens abgemahnt sein sollte. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht beschlossen, dass in Ausnahmefällen keine vorherige Abmahnung nötig ist:

  • besonders schwerwiegende Pflichtverletzung

  • Annahme, dass sich Verhalten nach Abmahnung nicht ändert

     

Wenn einer der Punkte, oder auch beide, zutrifft, kann der Arbeitnehmer auch ohne vorherige Abmahnung verhaltensbedingt gekündigt werden. In dem Fall ist die Kündigung dann als fristlos anzusehen. Das gilt im Übrigen auch für Angestellte im öffentlichen Dienst, die nach § 34 Abs. 2 TVöD (Tarifvertrag öffentlicher Dienst) bei schwerwiegendem Fehlverhalten auch außerordentlich kündbar sind.

Reguläre Entlassungen mit vorherigen Abmahnungen sind grundsätzlich ordentliche Kündigungen und orientieren sich dabei auch an den gesetzlichen Kündigungsfristen. Der Arbeitgeber muss den Kündigungsgrund glaubwürdig dokumentieren, falls er ihn im Falle einer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht begründen muss.

Verhaltensbedingte Kündigung: Abfindung möglich?

Bei einer verhaltensbedingten Kündigung ist in der Regel nicht mit einer Abfindung zu rechnen, da die Zahlung eine freiwillige Entscheidung vom Arbeitgeber ist. Erkennt ein Gericht die verhaltensbedingte Kündigung aber als unzulässig an, müsste der Arbeitnehmer weiterbeschäftigt werden. Oft ist das Vertrauen nach dem Rechtsstreit jedoch so zerrüttet, dass der Angestellte das Unternehmen verlässt und dafür mit einer Abfindung entschädigt wird. Ein Anwalt kann dem Arbeitnehmer hier helfen, die besten Optionen auszuhandeln.

Was Arbeitnehmer außerdem beachten sollten, ist, dass nach einer verhaltensbedingten Kündigung eine Sperrzeit beim ALG I (Arbeitslosengeld) folgt, die meistens drei Monate beträgt. In der Zeit erhält der gekündigte Arbeitnehmer also keine staatliche Unterstützung.

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